Palmöl ist aus unserem Leben kaum noch wegzudenken. Jedes zweite Supermarktprodukt enthält einen aus Palmöl gewonnenen Inhaltsstoff. Was ist Palmöl und warum ist es so verpönt?
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Bei dem Wort Palmöl denken die meisten von uns automatisch an Nutella, die Abholzung des Regenwaldes und die daraus resultierenden Klimaprobleme. Der Ruf nach einem rigorosen Verzicht auf den Rohstoff wird immer lauter. Die wenigsten wissen aber, dass mittlerweile jedes zweite Produkt in unserem Einkaufswagen Palmöl oder einen aus Palmöl bestehenden Inhaltsstoff enthält. Kaum ein Fertiggericht, kaum ein Brotaufstrich, kaum ein Waschmittel oder Kosmetikprodukt ist palmölfrei. Wir geben einen ausführlichen Überblick über Gewinnung und Verwendung des umstrittenen Rohstoffes und zeigen, warum eine Vermeidung der Nutzung komplizierter ist als gedacht.
Palmöl – wo kommt es her und worin besteht eigentlich das Problem?
Palmöl wird aus der Frucht der Ölpalme gewonnen und kommt ursprünglich aus Westafrika. Die Ölpalme wird circa 30 Meter hoch und trägt zwischen 3.000 und 6.000 Früchte. Damit ist sie die mit Abstand ertragreichste aller Öl-liefernden Pflanzen.
Heute wird die Pflanze überwiegend in Südamerika und Südostasien angebaut. Allein Indonesien erwirtschaftet auf einer Fläche, vergleichbar mit Deutschland, 30,5 Millionen Tonnen Palmöl pro Jahr.
Die Stärke der Ölpalme ist also ihre große Effizienz. Auf den ersten Blick wirkt das positiv, da auf kleiner Fläche vergleichsweise viel Öl gewonnen werden kann. Das macht Palmöl für die Wirtschaft so attraktiv und die Nachfrage ist groß. Um den immensen Bedarf zu stillen, müssen stetig neue Plantageflächen in tropischen Breitengraden erschlossen werden. Hier liegt das Problem: Wertvoller Regenwald muss weichen, um der Ölpalme Platz zu machen. Die Rodung des Regenwaldes und der Anbau von Palmplantagen in Form von Monokulturen bedeuten einen massiven Eingriff in das ökologische Gleichgewicht der Welt. Es wird nicht nur der Lebensraum der lokalen Bevölkerung ersatzlos zerstört, auch die globale Artenvielfalt und das Klima werden dabei stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Folgen für unseren Planeten gelten schon jetzt als irreparabel.
Die Menschen und Tiere werden vertrieben – die Treibhausgase steigen
Die Auswirkungen, die unser hoher Palmölkonsum mit sich bringen, sind in verschiedener Hinsicht hochproblematisch. Als erstes sind die blutigen Konflikte zwischen der indigenen Bevölkerung und den großen Rodungskonzernen zu nennen. Die Ureinwohner Indonesiens brauchen den Regenwald für ihre traditionelle Lebensweise und versuchen diesen mit aller Macht zu verteidigen. Diesen Kampf können sie jedoch kaum aus eigener Kraft gewinnen und ihr natürlicher Lebensraum geht nach und nach verloren. Darüber hinaus wird durch die Brandrodung die Pflanzen- und Tierwelt zum Teil irreparabel zerstört. Wird die Notbremse nicht gezogen, droht der Erde bis zum Jahr 2050 ein Waldverlust von 230 Millionen Hektar. Auf Borneo beispielsweise wird der Regenwald dann komplett zerstört sein. Bedrohte Tierarten wie Orang-Utans, Zwergelefanten oder der Sumatra Tiger werden dann nur noch in westlichen Zoos vertreten oder sogar ganz ausgestorben sein.
Die dritte Schattenseite der Palmölproduktion ist die Erhöhung der Treibhausgase. Durch die Rodung beziehungsweise Verbrennung von Waldflächen werden riesige Mengen an CO2 freigesetzt. Der weltweite Temperaturanstieg und die Erwärmung der Meere ist die direkte Folge dieses Raubbaus.
Verwendung von Palmöl – es geht nirgends mehr ohne
Ein Großteil des erwirtschafteten Palmöls geht direkt in die Energie- und Wärmeerzeugung, vor allem in die Produktion von Biodiesel. Die Idee dahinter war eigentlich, etwas Gutes für den Klimaschutz zu tun: Mit dieser Form der erneuerbaren Energie sollte ein kleiner Teil des Erdölbedarfs gedeckt werden, um so die Klimabilanz nachhaltig zu verbessern. Auch das hat aufgrund der enormen Nachfrage nach Palmöl auf dem Weltmarkt nicht funktioniert. Auch in der Pharmazie, Lebensmittel- und Reinigungsindustrie lässt sich Palmöl heute kaum noch wegdenken.
Palmöl in Kosmetik – als Tenside und Emulgatoren getarnt
Palmöl hat eine ähnliche Konsistenz wie Kokosöl. Es verflüssigt sich erst bei 37 Grad Celsius. Diese Grundeigenschaft macht Palmöl in der Industrie zu einem so beliebten Inhaltsstoff. In der Kosmetik sorgt es für eine gleichbleibend cremige Konsistenz. In Cremes und Lotionen kommen weiterverarbeitete Palmöle, sogenannte Palmöl-Derivate, zum Einsatz. Auf der Packung finden diese Inhaltsstoffe dann als „Tenside“ oder „Emulgatoren“ Erwähnung. Cremes auf Basis von Ölen, Peelings, Haarpflegeprodukte und Bodylotionen sind so gut wie nie frei von dem umstrittenen Rohstoff. Auch Mascara kommt nicht ohne Palmöl aus.
Schadet Palmöl in der Kosmetik der Haut?
Die Frage, ob Palmöl unmittelbar einen schädigenden Einfluss auf unsere Haut hat, beantworten Experten einhellig mit Nein. Nur wer eine zu Unreinheiten neigende Haut hat, sollte bei der Verwendung von Cremes und Lotionen auf Palmölbasis zurückhaltend sein. Die cremige und fettige Konsistenz hat einen Komedogenitätsgrad von vier. Dies beschreibt die Eigenschaft bestimmter Öle, die Bildung von Pickeln und Mitessern zu begünstigen. Verbraucher mit einer feinen und trockenen Haut vertragen das Palmöl wiederum besonders gut. Als natürliches Fett wirkt es pflegend, antioxidativ und glättend. Darüber hinaus ist es reich an Vitamin E. Dieses hat den Ruf, einen strahlenden Teint zu fördern. Für die Gesundheit ist Palmöl in der Kosmetik also unbedenklich.
Vermeidung von Palmöl bei der Körperpflege – das ist eine Gewissensfrage
Der Gebrauch von Kosmetikprodukten mit Palmölbestandteilen ist also nicht als gesundheitsschädlich einzustufen. Das Gegenteil ist der Fall! Insofern ist der Gebrauch des zweifelhaften Rohstoffes keine Frage der Verträglichkeit, sondern eine Gewissensfrage. Das ist dahingehend kompliziert, weil es an dem Produkt als solches wenig auszusetzen gibt. Unter den Gesichtspunkten Effizienz und Ergiebigkeit bekommt Palmöl ja sogar Pluspunkte in Sachen Nachhaltigkeit. Das Problem besteht vielmehr in der enormen Nachfrage und den begrenzten Anbaumöglichkeiten auf dem Weltmarkt. Die Lösung muss also ein differenzierter Umgang mit dem Rohstoff sein, beziehungsweise eine schrittweise Reduktion des Verbrauchs. Laut der internationalen Natur- und Umweltschutzorganisation WWF, dem „World Wide Fund for Nature“, könnten durch einen bewussten Umgang 50 Prozent des Palmölverbrauchs eingespart werden.
Gibt es nachhaltiges Palmöl? Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten
Im Energie- oder Lebensmittelsektor ist das Thema Nachhaltigkeit mittlerweile nicht nur angekommen, es gibt auch verbindliche Zertifizierungssysteme, um die Unternehmen zu Nachhaltigkeit sowie Umwelt- und Klimaschutz zu verpflichten. Von solchen Standards ist die Kosmetikindustrie noch weit entfernt. Siegel wie „vegan„ oder „klimaneutral“ sind meist eher Marketing-getrieben und sorgen, wenn überhaupt, für das Gefühl eines positiven Fußabdrucks. Mit der Realität haben diese Siegel leider wenig zu tun. Für den Verbraucher ergibt sich dadurch ein Dilemma. Er möchte etwas für den Planeten tun, weiß aber nicht wie. Und der WWF warnt sogar vor einem vollständigen Ersatz von Palmöl. Möchte man komplett auf Palmöl verzichten, müsste dafür auf einen Ersatzstoff ausgewichen werden. Das würde das Problem allerdings nur verlagern, vielleicht sogar verstärken. Sonnenblumenöl oder Rapsöl wären Alternativen. Aber die Landwirtschaft leidet schon jetzt unter Monokulturen und der Ertrag wäre zudem weitaus geringer als bei der Ölpalme. Die Ölpalme ist dreimal so ertragreich wie Raps und viermal produktiver als die Sonnenblume. Alternativen sind also nur auf den ersten Blick Alternativen, weil die Anbaufläche um ein Vielfaches höher liegen würde als bei der Ölpalme.
Hier stößt der Umweltschutz an seine Grenzen. Denn wenn das Vermeiden beziehungsweise Ersetzen das Anbauproblem nicht lösen kann, muss ein Weg eingeschlagen werden, bei dem Palmöl unter komplett veränderten Umständen produziert wird. Aber das ist noch Zukunftsmusik.
RSPO – ein Ausweg aus dem Dilemma oder nur Greenwashing?
Die Non-Profit-Organisation der Palmölindustrie „Roundtable of Sustainable Palm Oil“ (RSPO) bringt die großen Player der Palmölindustrie an einen Tisch. Dabei versucht die RSPO, die ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit in den Anbaugebieten zu verbessern. Dafür wurden Kriterien definiert, mit Hilfe derer Missstände bei der Palmölproduktion thematisiert und im nächsten Schritt schrittweise abgebaut werden. An oberster Stelle steht die Wahrung von Nutzungs- und Eigentumsrechten. Das bedeutet, dass die Ureinwohner nicht mehr durch Enteignung und Vertreibung ihres Lebensraumes beraubt werden dürfen. Auch der Schutz der Tier- und Pflanzenwelt hat hohe Priorität. Dieser soll mit einem generellen Rodungsverbot von besonders schützenswerten Wäldern Rechnung getragen werden. Regenwald statt Monokultur lautet die Devise.
Trotz dieser Bemühungen und der edlen Motive dahinter sind solche Bestrebungen mit Vorsicht zu genießen. Es gibt immer wieder Hinweise, dass einige RSPO-Unternehmen reines Greenwashing betreiben und sich nicht an die vereinbarten Mindeststandards halten. Hier eine Transparenz herzustellen, ist eine Mammutaufgabe.
Es geht nicht ohne Verzicht – die Frage ist nur, worauf eigentlich
Palmöl durch einen anderen Stoff einfach zu ersetzen, ist also momentan nicht des Rätsels Lösung und die Bemühungen der RSPO sind zwar ein wertvoller Denkanstoß, aber leider wenig transparent. Möchte man als Verbraucher etwas Gutes für den Planeten tun, hilft nur der persönliche Verzicht. Jeder muss sich also die Frage stellen, auf welche Produkte er im Alltag verzichten kann oder wo zumindest der Verbrauch gedrosselt werden kann. Hierfür ist es wichtig erst einmal zu wissen, wo genau überall Palmöl drin ist. Auch das ist erst einmal gar nicht so einfach, da in vielen Produkten nicht reines Palmöl, sondern sogenannte Palmöl-Derivate enthalten sind, die unter komplett anderen Namen geführt werden. Glyceril-, Sucrose- oder Ascorbil-Palmitaten, Retinyl-Palmitat, Cetyl Alcohol und Sodium Lauryl Sulfate sind alles Stoffe auf Palmölbasis, die auf kaum einer Inhaltsliste eines Kosmetikproduktes fehlen. Vergessen dürfen wir dabei nicht den Weichmacher Glycerin. Dieser kann aber theoretisch auch aus anderen pflanzlichen Ölen hergestellt werden.
Möchte man etwas für den eigenen ökologischen Fußabdruck tun, kann es ein erster Schritt sein, nicht zu tief in den Cremetopf zu fassen, sondern Sparsamkeit walten zu lassen.